Für Rheuma gibt es kein Behandlungsschema, Ihr Arzt muß mit Ihnen gemeinsam herausfinden, wie Sie Ihre Schmerzen im Moment am besten lindern
„Das wird wohl Rheuma sein“, denken viele, wenn es beim Bewegen irgendwo weh tut. Gliederreißen, Muskelschmerzen, rote, geschwollene, schmerzhafte Gelenke, ein steifes Knie, Rückenschmerzen – all das sind Beschwerden der Krankheiten aus dem „rheumatischen Formenkreis“. „Rheuma“ umfaßt mehr als hundert verschiedene Krankheitsformen. Sie haben unterschiedliche Ursachen und müssen oft unterschiedlich behandelt werden. Ihnen ist eines gemeinsam: Sie betreffen die Gelenke und/oder das Bindegewebe.
Man unterscheidet folgende Rheumaarten:
Entzündliches Rheuma: Chronische Polyarthritis , Bechterewsche Krankheit, rheumatisches Fieber und Lupus erythematodes.
Degeneratives Rheuma.
Weichteil rheumatismus. Muskeln, Bänder, Sehnen und Schleimbeutel sind schmerzhaft verändert.
Die Suche nach den „richtigen“ Ärzten
zu wenig für eine bedarfsgerechte Versorgung. Nur wenige haben sich als Rheumatologen in der Praxis niedergelassen. In Österreich sind die Verhältnisse ähnlich. Da ist es kein Wunder, daß ein Fünftel bis die Hälfte aller Gelenkentzündungen mindestens ein halbes Jahr lang verkannt werden. Doch nur eine richtige Diagnose ermöglicht eine erfolgreiche Behandlung.
Vielfach unterbleibt die rechtzeitige Überweisung in die Rheuma-Ambulanz einer großen Klinik. Diese sollten Sie jedoch unbedingt einfordern, wenn Sie Zweifel haben, ob Sie angemessen betreut werden.
Allgemeines zur Behandlung von rheumatischen Krankheiten
Für Rheuma gibt es kein Behandlungsschema. Ihr Arzt oder Ihre Ärztin muß mit Ihnengemeinsam herausfinden, wie Sie Ihre Schmerzen im Moment am besten lindern, aber auch, wie Sie Ihre Beweglichkeit erhalten können. Entscheidend ist dabei nicht nur Ihr körperlicher Zustand, sondern auch, wie wohl Sie sich mit Ihrem Behandlungskonzept fühlen. Nur wer eine verordnete Heilgymnastik akzeptiert, wird sie auch ein Leben lang durchhalten.
Ernährung bei Rheuma
Striktes Fasten unterdrückt die Aktivität des Immunsystems. Menschen mit chronischer Polyarthritis können davon kurzzeitig profitieren. Eine laktovegetabile Ernährung hat sogar langfristig positive Effekte auf Rheuma. Eine Gicht-Behandlung schließt immer die Ernährung mit ein.
Physikalische Therapie
Basis jeder Rheuma-Behandlung ist Bewegung. Es ist besser, vorher mit Medikamenten die Schmerzen zu lindern als auf Bewegung zu verzichten. Dennoch sollte die Schmerzgrenze nicht überschritten werden. Physikalische Therapie regt das Gewebe z. B. durch Wärme, Kälte oder elektrische Ströme an. Massagen sind besonders wohltuend.
Nach der Zeit des passiven „Sich-pflegen-Lassens“ ist es jedoch erforderlich, selbst aktiv zu werden. Heilgymnastinnen sollten Ihnen Ihr persönliches Übungsprogramm zusammenstellen und es mit Ihnen einüben. Ihre Aufgabe ist es dann, das Programm regelmäßig durchzuführen, um sich so beweglich und unabhängig zu halten.
Ergotherapie
Hier lernen Sie Arbeitsweisen, die Ihnen den Alltag erleichtern, und Beschäftigungen, mit denen Sie erfahren, was Sie trotz Rheuma noch alles können.
Behandlung mit Medikamenten
Eine Rheuma-Behandlung erfordert eine langfristige Planung. Die Ärzte müssen die momentanen Schmerzen lindern, sollten aber „steigerungsfähig“ bleiben. Zudem dürfen Ihnen die verordneten Medikamente langfristig nicht mehr als unvermeidlich schaden.
Salben
Rheumasalben mit hautreizenden Wirkstoffen sind eine besondere Form der Wärmebehandlung. Sie ist angebracht, wenn die Gelenke chronisch verändert, aber nicht akut entzündet sind.
Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR)
Dazu gehören Arzneistoffe, die gleichzeitig Schmerzen lindern, Entzündungen hemmen und die Schwellungen verringern. Ihre Anwendung ist sinnvoll, wenn
- Sie starke Schmerzen haben und die physikalische Behandlung allein nicht ausreicht.
- Sie ohne diese Hilfe die notwendige Bewegung nicht machen können.
- Bei einer chronischen Polyarthritis die Basismedikamente noch nicht voll wirken.
Nichtsteroidale Antirheumatika wirken nicht bei allen Menschen gleich. Möglicherweise müssen Sie unter ärztlicher Anleitung verschiedene ausprobieren, bis Sie das für Sie am besten geeignete Mittel herausgefunden haben.
Allgemein gilt für die Behandlung mit nichtsteroidalen Antirheumatika:
- Nur erprobte Substanzen verwenden, deren Nebenwirkungen seit langem bekannt sind.
- Substanzen wählen, die nur kurze Zeit wirken. Bei langwirkenden Substanzen ist die Gefahr unerwünschter Wirkungen sehr groß. Das gilt besonders für Menschen ab etwa 60 Jahre.
- So kurz wie möglich behandeln.
- Verschiedene nichtsteroidale Antirheumatika nicht miteinander kombinieren. Gemeinsam wirken sie nicht stärker, aber die Gefahr von Nebenwirkungen nimmt zu.
- Keine Kombinationspräparate verwenden.
Tabletten, Zäpfchen, Spritzen, Salben
Nichtsteroidale Antirheumatika werden im allgemeinen geschluckt. Wer dabei Magenbeschwerden verspürt, kann versuchen, ob er Zäpfchen besser verträgt. Sicher ist das allerdings nicht, da der Wirkstoff vom Darm aus ins Blut übergeht und so überall wirkt. Nichtsteroidale Antirheumatika sollten nicht gespritzt werden: sie wirken nicht schneller als geschluckt, haben aber gravierende Nebenwirkungen.
Nichtsteroidale Antirheumatika gibt es auch zur äußerlichen Anwendung. Wirkungen und Nebenwirkungen sind gering, entsprechend der Menge an Substanz, die von der Haut ins Blut übergeht. Die Haut selbst allerdings reagiert auf diese Einreibemittel häufig mit Allergien.
Spritzen ins Gelenk (Intraartikuläre Injektionen)
Nur bei erfahrenen Ärzten, deren Arbeit Sie voll vertrauen, sollten Sie dem Vorschlag zustimmen, Kortison ins Gelenk hineinzuspritzen. Diese Injektionen werden von vielen Ärzten ungleich häufiger durchgeführt, als sie notwendig sind. Eine Spritze ins Gelenk kann angebracht sein, wenn ein Gelenk unerträglich schmerzt, sonst die allgemeine Behandlung aber ausreicht. Eine solche Injektion birgt immer die Gefahr, das Gelenk zu infizieren. Bei einer von 10 000 derartigen Injektionen ist das der Fall. Für jeden 13. Infizierten endet das tödlich.
Und je älter die Betroffenen sind, desto mehr sterben an den Folgen einer Gelenkinfektion. Außerdem könnte bei einer solchen Injektion der Knochen zerstört werden. Das Gelenk wird dann steif. Um dem vorzubeugen, sollten Ärzte eine solche Injektion wie eine Operation
durchführen. Entzündungszeichen können sie nur dann frühzeitig feststellen, wenn sie sich das Gelenk mindestens fünf Tage lang täglich anschauen.
Operationen
Bei Rheuma sind zwei Arten von Operationen wichtig: die Entfernung der Gelenkinnenhaut (Synovektomie) und der Austausch von Gelenken.
Entfernung der Gelenkinnenhaut
Die Synovektomie ist vor allem im Frühstadium sinnvoll. Die Gelenkinnenhaut wird entfernt, damit die Entzündung das Gelenk nicht weiter zerstört. Die Operation wird bei örtlicher Betäubung während einer Gelenkspiegelung durchgeführt.
Erfolg: Etwa jedes fünfte Gelenk muss innerhalb von zehn Jahren erneut operiert werden.
Künstliche Gelenke
Kein Material ist so belastbar wie natürlicher Knorpel und Knochen. Darum sollten Sie mit Ärzten das Für und Wider eines Gelenkaustauschs sorgfältig abwägen. Bedenken Sie vor der Operation:
Das Kunstgelenk ist nur begrenzt (beim Hüftgelenk etwa zehn bis fünfzehn Jahre) haltbar. Durch die Bewegung wird ständig Material abgerieben, so dass sich die Prothese zu lockern beginnt.
Es ist nur begrenzt belastbar.
Wenn die Operation misslingt oder sich das Gelenk später lockert, kann es nicht immer ersetzt werden.
Die Operation ist mit einem relativ großen Infektionsrisiko verbunden (1 bis 4 Prozent).
Künstliches Hüftgelenk
Kopf und Pfanne des Hüftgelenks werden gegen Elemente aus Edelmetall, Kunststoff oder Keramik ausgetauscht. Seit die Krankenhäuser nach „Fallpauschalen“ abrechnen müssen, bestimmt auch der Preis die Auswahl mit. Die Ersatzteile werden entweder „zementiert“ oder
„unzementiert“ verankert.
Bei der zementierten Prothese verbindet ein Kunststoffgemisch Prothese und Knochen miteinander.
Das hat folgende Vorteile:
- Die Prothese sitzt sofort fest und ist bald nach der Operation belastbar.
- Mit dieser Prothese hat man fast 30 Jahre Erfahrung. Der Nachteil: Zementierte Prothesen halten nur zehn bis zwanzig Jahre.
Zementierte Prothesen sind angebracht, wenn
- Sie älter sind als 60 Jahre.
- Sie schnell wieder auf den Beinen sein müssen.
- Anzeichen einer Osteoporose vorliegen.
- Sie nicht mehr berufstätig sein müssen.
Erfolg: Nach zehn Jahren war bei 90 Prozent der Nachuntersuchten die zementierte Prothese noch voll funktionstüchtig.
Unzementierte Prothesen haben eine strukturierte Oberfläche, die die Knochen reizt, mit ihnen zu verwachsen. Sie sind angebracht, wenn
- Sie jünger sind als etwa 60 Jahre.
- gesunde Knochen haben.
- zusichern können, daß Sie das Gelenk weder durch Arbeit noch durch Sport überlasten werden.
Erfolg: Die Hoffnung, daß diese Prothesen länger halten als die zementierten, hat sich nicht erfüllt. Unzementierte Prothesen brechen deutlich häufiger als die anderen.
Verhalten nach der Operation
- Krankengymnastik spielt die wichtigste Rolle, um wieder auf die Beine zu kommen. Trainieren Sie Ihre Muskulatur mit den Übungen, die Sie gelernt haben.
- Geeignete Sportarten: Rückenschwimmen, Radfahren, Gehen.
- Ungeeignet sind Sportarten mit ruckartigen Bewegungen (Tennis, Squash, Abfahrtslauf, Sprungsportarten).
- Verzichten Sie mindestens zwei Monate aufs Auto fahren. Wurde das rechte Hüftgelenk ersetzt, sollten Sie ein halbes Jahr pausieren. Vorher haben Sie noch nicht genügend Kraft zum Bremsen.
Künstliches Kniegelenk
Knieprothesen sind wesentlich komplizierter herzustellen und einzusetzen als Hüftprothesen. Die Haltbarkeit der Prothesen wird sehr unterschiedlich beurteilt.
Künstliches Hüftgelenk
Künstliche Gelenke an Schulter, Arm, Hand und Fuß Sie sind schwierig einzusetzen, die Erfahrungen damit sind gering. Es ist sehr ungewiß, ob Sie nach einer solchen Operation beweglicher sind.