Die Homöopathie geht davon aus, dass jedem Menschen eine „Lebenskraft“ mit bestimmter Dynamik und Funktion innewohnt, wird sie gestört, entstehen Krankheiten
Die Homöopathie ist ein in sich geschlossenes Medizinsystem, das Samuel Hahnemann zu Beginn des 19. Jahrhunderts aufgebaut hat und das von dem der üblichen wissenschaftlichen Medizin sehr abweicht.
Die Homöopathie geht davon aus, dass jedem Menschen eine „Lebenskraft“ mit bestimmter Dynamik und Funktion innewohnt. Wird sie gestört, entstehen Krankheiten. Deren Symptome sollen durch homöopathische Arzneimittel beseitigt werden können, weil sie den Körper reizen, seine „verstimmte Lebenskraft“ wieder zu regulieren. Homöopathische Behandlung beruht auf zwei Prinzipien. Eines ist die Prüfung von Arzneimitteln am gesunden Menschen. Dazu testete Hahnemann bei einer ganzen Reihe von Pflanzen und Salzen, wie sie auf gesunde Versuchspersonen wirken. Seine Beobachtungen nannte er „Arzneimittelbilder“. Diese für jede Pflanze und jede Substanz charakteristischen Wirkungen bilden die Grundlage für die „Ähnlichkeitsregel“. Dieses „Simile Prinzip“ besagt, dass eine Arznei ein ähnliches Leiden erregen kann wie das, welches sie heilen soll. Nach dieser Regel wählen homöopathische Behandler die Arzneimittel aus.
Homöopathen setzen die Auszüge von Pflanzen und Substanzen mal konzentriert, mal in extrem starker Verdünnung ein. Die Wirksamkeit soll die abnehmende Konzentration nicht beeinflussen. Im Gegenteil: Manche Homöopathen halten die extrem verdünnten Mittel für wirksamer als die konzentrierteren.
Homöopathische Arzneimittel
Sie entstehen aus Konzentraten, die nach den Vorschriften des Homöopathischen Arzneibuchs hergestellt werden. Sie werden entsprechend den Vorschriften verdünnt. Die Homöopathen sprechen von „potenzieren“, weil sie davon ausgehen, dass das Verschütteln die Wirkung der Mittel steigert.
Die Verdünnungen werden mit „D“, „DH“ oder „X“ bezeichnet, wenn sie im Verhältnis 1: 10 verdünnt werden (Dezimalpotenzen). Dazu wird 1 Teil Ursubstanz mit 9 Teilen Lösungsmittel verschüttelt = D 1 oder 1 DH oder 1 X. Bei „C“ oder „CH“ geschieht die Verdünnung in Hunderterschritten (1 : 100; Centesimalpotenzen). Bei „LM“ wird 1 Teil auf 50 000 Teile verdünnt.
Bis D 6 spricht man von Tiefpotenzen, bis D 12 von mittleren Potenzen, darüber von Hochpotenzen. Homöopathische Arzneimittel mit rezeptpflichtigen Inhaltsstoffen müssen bis D 3 wie andere Arzneimittel auch Wirkung, Nebenwirkungen und Unbedenklichkeit belegen und vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassen werden.
Ab D 4 braucht der Hersteller nur Qualität, Unbedenklichkeit und die Herstellung nach dem Homöopathischen Arzneibuch nachzuweisen, damit die Mittel registriert werden. Statt eines Beipackzettels tragen sie auf dem Gefäß den Aufdruck: „Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation“, Außerdem gibt es noch Homöopathika, die ohne jegliche Kontrolle von Qualität und Unbedenklichkeit auf dem
Markt sind. Da der Produzent zusichert, von ihnen nicht mehr als 1000 Packungen im Jahr herzustellen, braucht er sie der Aufsichtsbehörde nicht einmal anzuzeigen. Ihre Zahl wird auf zehn – bis zwanzigtausend geschätzt.
Durchführung
Vor jeder homöopathischen Behandlung sollte eine schulmedizinische Diagnose klären, ob eine solche Therapie überhaupt angebracht ist.
Eine Homöotherapie beginnt damit, daß die Behandler das individuelle Krankheitsbild ermitteln. Dazu registrieren sie die körperlichen und seelischen Merkmale der Patienten und ermitteln die Grundzüge von Charakter und Verhalten. In Kombination mit den ganz spezifischen Krankheitssymptomen können die Behandler dann das spezifische homöopathische Arzneimittel bestimmen.
Drei unterschiedliche Richtungen haben sich mittlerweile in der Homöopathie etabliert.
Die „klassische Homöopathie“ hält sich weitgehend an die von Hahnemann vorgegebenen Regeln, wie sie oben beschrieben sind.
Die „wissenschaftlich-kritische Homöopathie“ behandelt vornehmlich die erkrankten Organe und verwendet dafür wenig verdünnte Mittel (Tiefpotenzen).
Die „Komplexmittel-Homöopathie“ verwendet fixe Kombinationen mehrerer Einzelmittel, die meist unter dem Namen ihrer Indikationen im Handel sind. Solche fixen Kombinationen widersprechen zwar den Grundlagen der Homöopathie, sie erfüllen jedoch den Wunsch der Verbraucher nach einer Selbstbehandlung mit „etwas Homöopathischem“.
Weitere Diagnose- und Behandlungsverfahren, die manche Behandler anwenden, wie z. B. die Elektroakupunktur, haben mit der Homöopathie Hahnemanns nichts zu tun.
Anwendung
Domäne der Homöopathie ist die Behandlung von „Zivilisationskrankheiten“. Über ihre Wirksamkeit bei Befindlichkeitsstörungen, chronischen Funktionsstörungen, Allergien und Abwehrschwäche ist vielfach berichtet worden.
Auch Studien, die wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, sind darunter. Allerdings konnte bisher nicht nachgewiesen werden, daß die positiven Effekte auf den verwendeten Arzneimitteln beruhen.
Bei vielen Erkrankungen kann die Homöopathie als Begleitbehandlung dienen.
Hinweis
Homöopathische Behandlung ist nicht grundsätzlich risikolos und nebenwirkungsfrei.
Werden Mittel mit Arsen, Quecksilber, Blei oder Kadmium in Potenzen unter D 8 längere Zeit angewandt, sind chronische Vergiftungen möglich.
Stoffe und Pflanzen, die das Erbgut schädigen oder die Entstehung von Krebs begünstigen, werden in der Homöopathie immer noch verwendet (u.a. Arsenverbindungen, Aristolochia).
Allergieauslösende Pflanzen können etwa bis D 8 empfindliche Menschen gefährden. Besonders problematisch ist das bei injizierten Mitteln, zum Beispiel mit Auszügen aus Bienen (Apis) oder Kreuzspinnen (Araneus). Die Tiefpotenzen mancher Mittel können akut erkrankte Organe schädigen (z. B. Berberis bei akuter Hepatitis).